haendel
Georg Friedrich Händel (1685 - 1759)

Händels 250. Todestag jährte sich 2009. Vor 300 Jahren, nämlich 1709, lernte Georg Friedrich Händel in Rom Arcangelo Corelli kennen und studierte dessen Kunst des Concerto grosso genau. Dieses war in Italien vor allem dank des Siegeszugs der Violine als Melodie-, Solo- und schließlich Virtuoseninstrument in Mode gekommen und bot mit seinen Wechseln von "Tutti"- und "Concertino"-Passagen den richtigen Rahmen für glänzende Großveranstaltungen. Händel schrieb dann allerdings sein berühmtes op.6, die "Twelve Grand Concertos", erst dreißig Jahre später, als er, schon ein berühmter Komponist, in London lebte. Den Formenkanon der Konzerte bereicherte er durch Tanz- und Variationensätze - und natürlich durch Fugen.
Händel gilt als Erfinder der Orgel-Konzerte, die nach Belieben auch von einem Cembalo gespielt werden konnten und oft als Pausenfüller zwischen den Akten von Opern und Oratorien oder in Kirchenkonzerten gespielt wurden. In dem Solo-Konzert op.4 von 1738 ist die Harfe als alternatives Solo-Instrument ausdrücklich notiert.


Concerto grosso op.6 Nr.10, d-moll
  1. Ouvertüre (3:13 Min.) (0:38 Min. / 625 KB)
  2. Satz 2 (2:44) (0:30 Min. / 502 KB)
  3. Satz 3 (3:54) (0:37 Min. / 602 KB)
  4. Satz 4 (1:51) (0:27 Min. / 448 KB)
  5. Satz 5 (3:33)
  6. Satz 6 (1:45)
Ausschnitte, gespielt von Archi di Colonia, Februar 2003, Clarenbachkirche Köln

Concerto grosso op.6 Nr.6
  1. Largo affettuoso (2:59 Min.) (0:28 Min. / 453 KB)
  2. A tempo giusto (1:44) (0:33 Min. / 543 KB)
  3. Musette (Larghetto)(5:16) (0:28 Min. / 461 KB)
  4. Allegro (3:25) (0:26 Min. / 422 KB)
  5. Allegro (2:41) (0:29 Min. / 467 KB)
Ausschnitte, gespielt von Archi di Colonia, 3. Februar 2002, Clarenbachkirche Köln

"Lascia chìo pianga" (aus "Rinaldo")

"Lascia ch’io pianga mia cruda sorte
E che sospiri la liberta
Il duolo infranga queste ritorte De miei martiri sol per pieta"


Zum großen Erfolg von Händels Oper „Rinaldo“ hat vor allem die Arie der Almirena beigetragen

"Lass mich weinen über mein grausames Schicksal
Und seufzen für meine Freiheit
Möge die Trauer die Ketten meines Leidens zerbrechen durch Barmherzigkeit)".
Piangerò la sorte mia (aus „Giulio Cesare in Egitto“)

"Piangerò la sorte mia
Si crudele e tanto ria
Finché via in petto avrò
Ma poi morta d’ogni intorno
Il tiranno notte e giorno
Fatto spettro agiterò"
Für eine Opernfigur entwickelt Händels Cleopatra eine beachtliche Bandbreite an Gefühlen, die u. a. in der Gefangenschafts-Arie zum Ausdruck kommen
"Ich werde mein so grausames, schreckliches Schicksal beweinen
solange noch Leben in mir ist
Doch wenn ich tot bin, wird mein Geist den Tyrannen Tag und Nacht überall heimsuchen".


Harfenkonzert op.6 Nr.4 in B-dur; HWV 294
  1. Andante Allegro
  2. Larghetto
  3. Allegro moderato
Ausschnitte, gespielt von Archi di Colonia, 05.02.2012, Clarenbachkirche Köln


Händel schrieb seine Instrumentalmusik nicht selten als Einlage für seine musikdramatischen Werke (zu denen in gewissem Sinne auch seine Oratorien zu zählen sind). Das Konzert für Harfe und Orchester etwa ist 1736 als Harfeneinlage für das Oratorium "Das Alexanderfest" entstanden, wo es zur Illustration des Gesanges des griechischen Sängers Timotheus diente. Mit seinem Harfenkonzert stellt Händel eines der ältesten Musikinstrumente in den Mittelpunkt und kompnoiert als einer der ersten Komponisten ein Solokonzert.
Da Händel nicht zuletzt auch Musikunternehmer und daher an der möglichst breiten Vermarktung seiner Werke interessiert war, veröffentlichte er das Harfenkonzert später auch in einer Fassung für Orgel. Es ist das letzte seiner ersten sechs Orgelkonzerte (Op.4), die 1738 erschienen. Die Ausgabe von 1738 enthält den merkwürdigen Hinweis, daß sie von Händels eigenem Exemplar gedruckt und von ihm selbst durchgesehen sei. Hintergrund dieses Vermerkes war, daß Händel ein Raubdrucker zuvorgekommen war, der entweder Fehler gemacht hatte oder dem man, um vom Kauf des Raubdruckes abzuschrecken, Fehler unterstellte.

Die Orgelkonzerte sind unkomplizierte und höchst eingängige Musikstücke ohne polyphone "Verhäkelungen" und – merkwürdigerweise – ohne Einsatz des Pedals. Händel selbst spielte sie in Kirchenkonzerten, zu denen das bürgerliche Publikum in Massen strömte. Allerdings präsentierte er sie keineswegs so "einfach", wie es der Notentext nahezulegen scheint. Eine "Originalaufnahme" aus der Mitte des 18. Jh., die kürzlich gefunden wurde, zeigt, dass Händel die Konzerte mit unzähligen Verzierungen vorgetragen hat. Bei dem Tonträger handelt es sich um eine Walze für einen Spielautomaten, auf der drei Orgelkonzerte "eingespielt" sind. In den langsamen Sätzen ist dabei beinahe jede Note mit einem Ornament versehen. Auch in den schnellen Sätzen finden sich viele schmückende oder variierende Einschübe. Da die Einspielung von Händels langjährigem Mitarbeiter John Christopher Smith stammt, der selbst im Stile seines Meisters komponierte, kann man davon ausgehen, dass seine Interpretation der Spielweise Händels entspricht. Dass insbesondere die frühe Barockzeit eine ausgefeilte musikalische Ornamentik kannte, ist keine Neuigkeit. Dass davon aber in einer so außerordentlich verschwenderischen Weise Gebrauch gemacht wurde, war für die Fachwelt eine Überraschung. Wer allerdings das Barock insgesamt im Blick hatte, fragte sich schon immer, wie der ornamentalen Exuberanzen der barocken (Innen)Architektur, die sich im Rokoko geradezu zum horror vacui steigerten, und die eher schlanke Struktur der (wie gedruckt gespielten) barocken Musik miteinander in Einklang zu bringen waren.